In Island kennt jeder die färöische Passagier- und Frachtfähre Norröna (hier Norræna) die zwischen Hirtshals (Dänemark), Tórshavn (Färöer) und Seyðisfjörður (Ost-Island) pendelt. 48 Stunden dauert die Überfahrt mit zwei Übernachtungen an Bord und knapp 1.500 Menschen kommen in der MS Norröna unter. Wer zusammen mit seinem Fahrzeug auf das Festland möchte (oder auch umgekehrt), kommt an der Smyril Line nicht vorbei! Überwiegend sind es Touristen, die Island umrunden möchten.
Einmal nicht mit dem Flugzeug fliegen müssen und ein Besuch der Färöer waren unsere Hauptbeweggründe, die Fähre auf das Festland und wieder zurück nach Island zu nehmen. Für einen insgesamt dreiwöchigen Urlaub überwiegend in Schweden lohnt sich dies schon mal; vor allem, weil man dann das eigene Auto mitnehmen kann. Ach so ja: wir, das bin ich, mein Mann und unsere beiden Töchter im Alter von 7 und 9 Jahren. Ich bin Deutsche, mein Mann Isländer und die Kinder sind in Island geboren und aufgewachsen. Seit Jahren möchten die die Fähre ausprobieren und wir fahren gerne nach Schweden in den Urlaub. Nun endlich hatten wir genug Zeit, all das miteinander zu verbinden.
Am 12. Juni 2019 ging es dann los. Zunächst mussten wir von Reykjavík in die Ostfjorde nach Seyðisfjörður gelangen, was mehr als 600 km sind und mehr als 8 Stunden Fahrzeit bedeutet. Wir haben uns dafür entschieden, über den Norden zu fahren, da wir die Strecke persönlich interessanter finden. Den Süden kennen wir sehr gut und freuen uns einfach über eine Abwechslung, außerdem gibt es im Norden fast keine einspurigen Brücken auf der Strecke.
Nach der langen aber reibungslosen Fahrt blieben wir für eine Nacht bei Egilsstaðir in einem Hotel, um vor dem Boarding noch einmal richtig ausschlafen zu können. Am nächsten Morgen mussten wir zwei Stunden vor der Abfahrt der Norröna am Hafen in Seyðisfjörður einchecken. Die Fahrt nach Seyðisfjörður auf der Passstraße über die Fjarðarheiði ist manchmal gar nicht so ohne; auch hatte es eine Woche zuvor noch geschneit und wir fuhren im Nebel an vereisten Seen und Schneefeldern entlang.
Am Fähranleger gibt es eine Passkontrolle und die Fahrzeuge werden der Größe nach geordnet. Wichtig ist, dass man während der Überfahrt nicht mehr an sein Auto kommt. Für den Fahrer der im Auto bleiben muss, beginnt nun das Warten draußen auf dem Parkplatz, die anderen Passagiere können bereits zu Fuß in die Fähre gehen. Das war zunächst ein bisschen seltsam, verhindert allerdings Chaos auf dem Autodeck. Dort ist es dann manchmal wirklich eng; außerdem konnten die Kinder schon anfangen, in der Kinderecke zu spielen, während die Fähre noch beladen wurde. Man konnte in den Restaurants auf den gemütlichen Sofas und Stühlen warten und einen Kaffee trinken. Die Kabinen werden immer erst noch gereinigt, weshalb man bis zu einer Stunde warten muss. Hier muss man auch sagen, dass es sich bei der Fähre in erster Linie um ein Transportmittel handelt und man die Überfahrt auf keinen Fall mit einer Kreuzfahrt verwechseln darf. Die Norröna ist quasi immer unterwegs, dafür ist man aber auch schnell am Ziel.
Sobald man an Bord ist, gilt die färöische Zeit als Ship Time, was über die Lautsprecher bekannt gegeben wird. Das kann erst einmal ein bisschen verwirrend sein, zumal die Abfahrts- und Ankunftszeiten ganz normal in Ortszeit angegeben werden. Im Treppenaufgang gibt es Bildschirme, die einen über die geografische Lage des Schiffs informieren. Wer W-Lan an Bord dazuhaben möchte, kann dies zusätzlich an der Rezeption bestellen. Bei uns hat unser Roaming ganz gut funktioniert und in der Nähe von verschiedenen Ländern (Island, Shetland-Inseln, Färöer, Norwegen und Dänemark) hat sich das Internet auf unseren Smartphones automatisch eingestellt. Somit war man immer mal wieder für ein paar Stunden online.
An Bord hatten wir dann eine Vierbett-Außenkabine mit Fenster, gemachten Betten (davon zwei zum runterklappen) und Handtüchern. Die Kabine war eigentlich ganz geräumig mit einer Abstellecke für Gepäck, flachen Wandschränken, Haken, einem Schreibtisch und kleinerem Abstelltisch zwischen den Betten. Die Kinder fanden es toll, im Fenster zu sitzen und sich dort eine kleine private Ecke einzurichten. Wir hatten auch unser Fernglas mit dabei und somit gab es immer etwas zu sehen. Das kompakte Bad war auch sehr funktionell eingerichtet, mit Fön wie in einem richtigen Hotelzimmer. Außerdem gab es auch einen Hocker, eine Minibar und einen Flachbildschirm auf dem überwiegend skandinavische, aber auch einige englische und deutsche Sender liefen. Es war auch erstaunlich ruhig in der Kabine. Von unseren Nachbarn war kaum etwas zu hören und auch die Maschinengeräusche und Vibrationen waren nur unterschwellig. Hier haben wir uns sehr wohlgefühlt und stundenlang Basstölpel oder Eissturmvögel beobachtet und die Klippen der Shetland-Inseln sehen können. Mein Mann hat unterwegs auch einen Wal gesehen! Besonders zwischen Island und den Färöer sind hier die Chancen sehr gut. Dabei ist der Blauwal sogar der am häufigsten gesichtete Wal, der das Schiff ab und an auch überholt.
Auf der Rückfahrt hatten wir eine Innenkabine, die deutlich günstiger ist. Dort fanden wir die Bordkamera ganz praktisch, die übers Fernsehen den vorderen Teil des Schiffes zeigte. So wusste man auch ohne Fenster, ob es Tag oder Nacht war oder wie das Wetter draussen ist. Persönlich kam ich mit der Innenkabine jedoch nicht so gut zurecht. Auch wenn anstelle des Fensters ein schönes Mohnblumenbild angebracht war und das Zimmer fast so groß war wie das andere, rief die Kabine inmitten des Schiffes ein beklemmendes Gefühl in mir hervor. Eigentlich gingen wir nur zum Schlafen in die Kabine. Wer aus der Überfahrt ein besonderes Erlebnis machen möchte, sollte unbedingt eine Außenkabine buchen!
In der ersten Nacht gab es ganz schön hohen Wellengang. An der Rezeption an Bord hatten wir uns Tabletten gegen Seekrankheit besorgt und waren damit sicherlich nicht die Einzigen. In einer Präsentation an Bord wurde uns auch ein Video von Szene an Bord während eines starken Stormes gezeigt – dagegen war unsere Überfahrt wirklich harmlos!
Für die Kinder hatten wir Armbänder gekauft, mit denen sie sich zu jeder Mahlzeit etwas aussuchen konnten. Für uns selbst hatten wir im voraus nur das Frühstück im Buffetrestaurant bestellt, was sich als sehr lecker und aufwändig gemacht herausgestellt hat. Hier blieben kaum Wünsche offen, vor allem die dünnen, kleinen Pfannkuchen haben wir zu schätzen gelernt, die von einem Koch live vor unserer Nase zubereitet wurden. Am Abend haben wir dann im The Diner Pizza oder andere Gerichte bestellt oder auch selbst etwas dabei gehabt. Auf dem obersten Deck gibt es einen Picknick-Bereich. Dann lohnt es sich eventuell, eine eigene Decke mitzubringen, da es doch recht kühl werden kann. Allerdings gibt es keinen Laden, in dem man Lebensmittel einkaufen kann. Im Duty-Free Shop gibt es lediglich Süßigkeiten, Zigaretten und Alkohol zu kaufen und ein paar praktische Reiseaccessoires, sowie Klamotten, Parfüm usw. Man hatte ein bisschen das Gefühl, auf einem schwimmenden Flughafen zu sein! Wer schon vorher weiss, dass er auf dem Schiff im Restaurant essen möchte, sollte die Mahlzeiten unbedingt im voraus gleich mitbuchen, da es dann ca. 15% günstiger ist als direkt an Bord.
Auf jeden Fall brauchten wir uns während unseres Aufenthaltes auf der MS Norröna nicht langweilen. Die Kinder entdeckten neben dem Indoor-Spielplatz auch den Teen-Room mit den Playstations und freundeten sich dort sogleich mit anderen Kindern an. Auf dem Sonnendeck gibt es sogar einen Fußballplatz und ganz unten ein Schwimmbad mit Umkleidekabinen, was aber aufgrund des Wellenganges geschlossen war. Im Kino laufen den ganzen Tag über Filme für Kinder und Erwachsene. Unsinnig fanden wir die beiden Casino-Räume mit den Spielautomaten in denen man nie jemanden gesehen hat. Den Platz könnte man sicherlich sinnvoller nutzen als gemütliche Sitzecke, kleine Bibliothek, weiteren Kinderspielplatz oder Präsentationsraum.
Überhaupt konnten wir als Eltern sehr gut entspannen und uns so wirklich in Urlaubsstimmung versetzen. Jeder hat einfach gemacht, was ihm Spass macht. Wir saßen oft ganz oben in der Sky Bar mit einem Bier oder Milchshake oder im Café Naust bei einer Präsentation z.B. über die Shetland Inseln und die Färöer. Das war eigentlich immer sehr informativ und unterhaltsam und hat uns gut gefallen. Es gab auch Bier- sowie Whisky-Verkostungen und Bingo, was besonders bei den älteren Damen gut ankam. Am Abend traten kleine Bands, Solokünstler und sogar ein färöischer Gospelchor auf. Wir besuchten das Fitnessstudio ganz unten und waren im Sonnenschein im Hot Pot baden. Dort kam dann schon so etwas wie Kreuzfahrtstimmung auf! Eine Sauna und ein Solarium soll es darüber hinaus auch geben. Irgendwie waren wir immer beschäftigt, waren dann nach zwei Tagen aber trotzdem froh, endlich in Hirtshals anzukommen.
Vor der Ankunft muss man ca. 1 Stunde zuvor die Kabine räumen und kann sich mit dem Gepäck in die Gemeinschaftsräume setzen. Sobald die Fähre anlegt, begeben sich die Fahrer wieder auf die verschiedenen Autodecks und müssen in den Autos so lange warten, bis sie an der Reihe sind. Das kann schon mal bis zu 45 Minuten dauern. Auf der Rückfahrt hatten wir allerdings Glück da wir direkt auf der Rampe standen und als viertes Auto die Fähre verlassen durften. Die Ankunft in Hirtshals lief ein bisschen chaotisch ab, da wir Passagiere am Schiffsterminal auf die Autofahrer warteten. Mein Mann wurde aber in Richtung Stadtzentrum geleitet. Es standen auch Busse am Terminal und vielleicht hätten wir in einen diesen Busse einsteigen müssen. Es hat eine Weile gedauert, bis er uns gefunden hat. Beim nächsten mal sind wir schlauer!
Insgesamt waren wir mit der Überfahrt, dem Schiff und dem Programm ganz zufrieden und werden sicherlich irgendwann einmal wieder die Fähre nehmen. Es gibt einem die Möglichkeit, sich langsam auf den Urlaub einzustimmen. Man hat Zeit zum nachdenken, schlafen, lesen und auch zum Leute kennenlernen. Außerdem begreift man erst einmal richtig, welche Distanzen hier zurückgelegt werden. Für unsere Kinder war es auch eine tolle Erfahrung in einem Schiff zu wohnen und sich dort frei bewegen zu dürfen. Für uns als Eltern war dies sehr entspannt.
Die Fähre ist sowohl für diejenigen gut geeignet, die auf das Budget achten müssen oder wollen, aber auch für diejenigen, die sich ein bisschen Luxus gönnen möchten. Man kann ganz günstige Kabinen oder auch nur ein Bett im Liegeabteil buchen oder auch eine Deluxe-Kabine. Man kann eigenes Essen mitbringen oder aber auch z.B. im Simmer Dim hervorragende Speisen genießen. Man kann günstig reisen und auch, gegen Aufpreis, weitere Annehmlichkeiten in Anspruch nehmen. Da es die einzige Fährverbindung nach Island ist, muss die Smyril Line verschiedensten Ansprüchen gerecht werden. Hier reist der Fahrrad-Backpacker zusammen mit Busreisegruppen, Wohnmobilreisenden, Abenteurern im Landrover und auch Menschen, die in ein anderes Land ziehen, wie die belgische Künstlerfamilie, die nach einem Jahr Island wieder auf das Festland zieht. Zudem ist auch eine Menge Cargo im Schiff.
Gerne geben wir auch Auskünfte über die Fähre. Man kann diese bereits für das Jahr 2020 buchen! Hier auch schon mal der Fahrplan:
Text und Bilder: Anne Steinbrenner