Juni 16, 2017

Hæ hó jibbí jei, der 17. Juni ist da!


Nationalfeiertag auf Island

„Hæ hó jibbí jei, Það er kominn 17. júni!“ schallt es wieder durch die Straßen. Der Nationalfeiertag auf Island ist da. Der 17. Juni ist der Geburtstag von Jón Sigurðsson, der als Nationalheld verehrt wird.

Jón Sigurðsson, 1811 in den einsamen Westfjorden geboren, setzte sich sehr für die Unabhängigkeit Islands von Dänemark ein. Auch wenn es letztendlich bis 1944 gedauert hat bis Island wieder seine Unabhängigkeit erreichte, so sind die Isländer Jón Sigurðsson bis heute für seine Bemühungen dankbar. Anlässlich des 200. Geburtstages von „Nonni“ (so der Kosename von Jón Sigurðsson) wurde im Jahr 2011 vor dem Parlamentsgebäude in Reykjavík eine riesige Geburtstagstorte aufgebaut. Alle Passanten bekamen ein Stück Torte, um den Geburtstag des Nationalhelden gebührend zu feiern. Eine schöne Geste!

Der 17. Juni beginnt in Reykjavík morgens mit der Ansprache des Staatspräsidenten vor dem Parlamentsgebäude. Die meisten Leute sind zu diesem Zeitpunkt noch zu Hause und putzen die Familie für den Feiertag heraus. So wird die Ansprache von vielen Leuten im Fernsehen oder Radio verfolgt. Die Pfadfinder stehen während der Ansprache des Staatspräsidenten mit isländischen Fahnen Spalier.

Nationalfeiertag auf Island

Die Nationalflagge

Die Farben der Nationalflagge stehen für die Natur Islands: Rot wie das Feuer der Vulkane, Weiß wie das Eis der Gletscher und Blau wie die Seen auf den Hochebenen.

Im Rahmen der Feierlichkeiten singt ein Chor die Nationalhymne „Lofsöngur“ (hier  zu hören). Der Text der Nationalhymne wurde anlässlich der Tausendjahrfeier der Besiedlung Islands im Jahre 1874 von Matthías Jochumsson gedichtet. Die Melodie stammt von Sveinbjörn Sveinbjörnsson. Da die Nationalhymne über ein sehr breites Tonspektrum verfügt, wird sie in der Regel nur von guten Chören gesungen. Überlegungen, die Nationalhymne durch ein einfacher zu singendes Lied zu ersetzen, wurden bisher nicht in die Tat umgesetzt.

An der Statue von Jón Sigurðsson wird im Namen des isländischen Volkes ein Kranz niedergelegt. Danach zieht eine Prozession zum nahegelegenen alten Friedhof, wo Jón Sigurðsson und seine Frau Ingibjörg Einarsdóttir ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Für Jón wird am Grab ein weiterer Kranz niedergelegt, diesmal im Namen der Bevölkerung Reykjavíks. Für Ingibjörg gibt es einen Strauß von der Bevölkerung Reykjavíks.

Fjallkonan ,,Bergfrau“

Wichtig für den Nationalfeiertag ist auch die sogenannte „Bergfrau“ oder fjallkonan. Sie symbolisiert die Natur Islands und trägt Festtagstracht. Die Frau, die für diese ehrenvolle Aufgabe ausgewählt wird, hat die Aufgabe, ein dem Anlass angemessenes Gedicht vorzutragen. Selbst dichten muss sie allerdings nicht. Thema des Gedichtes ist häufig die Natur Islands. Die Poesie kann aber durchaus auch einmal kritische Töne zu aktuellen Themen aufweisen. Einmal gab es in Reykjavík sogar zwei Bergfrauen: Eine trug das Gedicht mündlich vor, die andere in Gebärdensprache.

Während es vor einigen Jahren in der Bevölkerung noch sehr verbreitet war, anlässlich des Nationalfeiertages Tracht zu tragen, so sieht man heute nur noch wenige Trachten auf der Straße. Die meisten Leute legen einfach ihren Sonntagsstaat an und putzen die Kinder entsprechend mit Fliege oder Schleifen im Haar heraus. Nachmittags findet in der Stadt ein kleiner Festumzug mit Blasmusik statt. Die Gesichter der Kinder werden mit isländischen Fähnchen bemalt und es werden Fahnen geschwenkt. Alle strahlen einen positiven Nationalstolz aus.

Anschließend gibt es in der Innenstadt von Reykjavík diverse Veranstaltungen rund um den Stadtteich, Spiele für die Kinder und Sportvorführungen. Auf dem Hügel Arnarhóll werden Konzerte gegeben und die Menschen sitzen auf der Wiese – wenn das Wetter mal nicht wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Aber wettertechnisch ist man generell hart im Nehmen, wie ließe sich ansonsten auch bei dem wechselhaften isländischen Wetter überhaupt eine Feier planen?

Zum Fest gehören auch ein Oldtimer-Autokorso und natürlich die vielen Stände, welche die für den Nationalfeiertag unerlässlichen Accessoires anbieten: Lollies in den Nationalfarben, Mützen im Fahnendesign, isländische Fähnchen und Luftballons. Und was wäre ein 17. Juni ohne Zuckerwatte? Und dann dreht man zu Fuß seine Runden durch die Stadt: Sehen und gesehen werden, Freunde und Bekannte treffen und ein Schwätzchen halten.

Auf dem Land wird der Nationalfeiertag meist auch mit einem Festumzug begangen. Im Anschluss daran gibt es Ansprachen und die Chöre singen Lieder über die Schönheit Islands. Für die Kinder werden je nach Wetter draußen oder im Bürgerhaus Spiele angeboten. Anschließend gibt es für alle Kaffee und Kuchen. In manchen Orten werden auch Wettkämpfe ausgetragen, wie beispielsweise in Laugarvatn: Dort schickt jede Firma ein Team ins Rennen. Im Schwimmbad wird ein Balken über das große Becken gelegt und die einzelnen Teilnehmen müssen sich gegenseitig vom Balken ins Wasser stoßen. Wer am längsten oben bleibt hat gewonnen und damit die Firmenehre gesichert.

Bei dem schweren Erdbeben in Südisland im Jahre 2000 war es ein großes Glück, dass gerade Nationalfeiertag war und praktisch die gesamte Bevölkerung draußen beim Feiern war. So kam niemand ernsthaft zu Schaden. Es geht eben nichts über den 17. Juni!

Sollten Sie einmal in die isländischen Westfjorde kommen, so versäumen Sie nicht den Besuch von Hrafnseyri, dem Geburtsort Jón Sigurðssons. Neben der kleinen Kirche ist ein Museum untergebracht. Und wer sich nicht so intensiv für Geschichte interessiert, sollte sich zumindest nicht die leckeren Waffeln mit hausgemachter Rhabarber-Marmelade und Sahne im Café entgehen lassen.

Text und Fotos: C.B.